Flussgesichter: Vom Stein zur Skulptur am Auenweg Obermain

Wenn ein Fluss ein Gesicht hätte, wie würde er oder sie aussehen? Zu diesem Thema trafen sich im Juli 2014 zwölf Bildhauerinnen und Bildhauer aus fünf europäischen Ländern in Hallstadt vor den Toren der UNESCO-Welterbstadt Bamberg, um aus großen Sandsteinblöcken Skulpturen zu erschaffen. Die zwölf Flussgesichter-Skulpturen stehen seit Herbst 2014 entlang bestehender Radwege an Gewässern in der Region Oberfranken und bilden landkreisübergreifend einen neuen Skulpturenweg – den „Auenweg Obermain“.

Die Bildergalerien unten zeigen die Entstehung der Skulpturen vom unbearbeiteten Stein bis hin zur fertigen Skulptur in der Landschaft und dem Modell, das die Künstlerinnen und Künstler als Entwurf erarbeitet haben. Fotograf: Thomas Ochs.

Main bei Bad Staffelstein: Flussgesichter-Skulptur „Fließende Begegnung“ von Manfred Reinhart

Die Skulptur aus Bucher Standstein steht nahe der Mainbrücke bei Wiesen (Bad Staffelstein, Landkreis Lichtenfels).

Dargestellt sind der Main und einer seiner Nebenflüsse: die durch Bad Staffelstein fließende Lauter. Der Main als männliche Figur in seiner ungestümen Kraft; die Lauter als weibliche Figur, die in ihrer ruhig fließenden Form den Main sucht. Die Verbindung beider Figuren wird durch die Maserung des Sandsteins betont.
Dr. Matthias Liebel

Die Skulptur ist in limitierter Auflage auch in Bronze gegossen worden und beim Künstler direkt erhältlich.

Main bei Ebensfeld: Flussgesichter-Skulptur „River“ von Ilia Varbanov Iliev

Die Skulptur „River“ aus Bucher Sandstein blickt von ihrem Standort nördlich des Ortes Niederau (Ebensfeld, Landkreis Lichtenfels) auf den Main. Der Mainradweg führt unmittelbar vorbei. Im Hintergrund sind der Ansberg mit der Veitskapelle (Veitsberg), der Staffelberg und Kloster Banz zu sehen.

Dies ist ein völlig neuer inhaltlicher Ansatz in der Motivwelt der figürlichen Darstellung eines Flusses: Die Flussgestalt als ermüdeter, rastender bzw. sich ausruhender Koloss. Schwergewichtig und wuchtig hockt der Männerakt auf einem kubisch geformten Sockel – mit angewinkelten Beinen und in den Armen versunkenem Kopf. Dr. Matthias Liebel

Main bei Zapfendorf: Flussgesichter-Skulptur „Main“ von Regina Lange . Die Bildhauerin ist leider am 1. Juli 2021  in Jena gestorben.

Die Skulptur aus Königsgrätzer Sandstein steht unmittelbar am Mainradweg zwischen Zapfendorf und Ebensfeld. Hinweis: Durch den Kiesabbau musste der MainRadweg in diesem Bereich verlegt werden. Das Kunstwerk ist nur noch von Süden über den Flurweg, der an der Mainbrücke Zapfendorf auf der in Fließrichtung rechten (=westlichen) Uferseite des Mains Richtung Norden als Stichweg verläuft, zu erreichen.

Nach der Art eines lagernden Flussgottes schuf Regina Lange in kubisch vereinfachten Formen die Gestalt einer auf der Seite liegenden Aktfigur. In ihrer monolithishen Blockhaftigkeit ruht die Figur entspannt auf der Seite und betrachtet lässig die Welt um sie herum. Dr. Matthias Liebel

Großer See bei Breitengüßbach: Flussgesichter-Skulptur ARCHAIKA von Rosa Brunner

Die Skulptur ARCHAIKA aus Bucher Sandstein steht am Großen See Breitengüßbach (Landkreis Bamberg) direkt am Mainradweg.

 „Im Flussparadies Franken lässt sich nur ahnen, wie es unter der dunklen Wasseroberfläche der Flüsse und Seen aussieht und was dort lebt. Denn die wenigsten von uns wissen, welche Schätze die Unterwasserwelt bereithält. Es lohnt sich also, mit einer Skulptur Verborgenes in den Focus zu rücken.

 ARCHAIKA – Die stilisierte Form einer Flussmuschel aus Sandstein wirkt in ihrer riesigen Dimension wie ein Relikt aus Ur- und Vorzeit und gleichzeitig futuristisch. An der einen Seite meint man sogar ein Gesicht zu sehen – eine Maske oder die Darstellung einer archaischen Gottheit. Flussmuscheln zählen zu den ältesten Lebewesen unserer Erde. Sie sind Indikatoren für eine hohe Wasserqualität.

 Zwischen Lichtenfels und Bamberg gibt es seit der Renaturierung wieder ein ausgesprochen reichhaltiges Muschelvorkommen, zu dem sich, unter anderem durch die Schifffahrt, auch fremdländische Muschelarten gesellen. Die Skulptur ARCHAIKA ist somit ein Verweis auf die Wasserqualität und Artenvielfalt im Flussparadies Franken. Sie verkörpert Ursprünglichkeit und ist gleichzeitig Sinnbild für das Unbekannte, Geheimnisvolle und Neue.“ Rosa Brunner über ihren Entwurf.

Baunach in Baunach: Flussgesichter-Skulptur „don’t stop“ von Simonetta Baldini

Die Skulptur steht an der Baunach in der Stadt Baunach am Steg nahe der Schrepfersmühle. Sie ist aus Leistädter Sandstein gefertigt und mit Spiegelmosaik gestaltet.

Die binnenseitig mit einem Spiegelmosaik ausgekleidete Skulptur ähnelt einem Boot oder Fischsschwanz, dessen Inneres den Himmel widerspiegelt. Die sich wandelnden gegenseitigen Lichtbrechungen erinnern uns an den permanenten Wandel aller Dinge. Dr. Matthias Liebel

Main bei Kemmern: Flussgesichter-Skulptur „Fiume“ von Francesco Cremoni

Die Skulptur „Fiume“ aus Bucher Sandstein steht am Main bei Kemmern direkt am Mainradweg zwischen Kemmern und Hallstadt.

Eine Flussgestalt sitzt mit angewinkelten Beinen auf einer flachen Fußplatte und erhebt sich. Das Wasser strömt wie ein fließendes Gewand über Ihren Körper und verbindet sich mit dem Fluss in rauschenden Wellenbewegungen. Dr. Matthias Liebel

Gründleinsbach bei Hallstadt: Flussgesichter-Skulptur „The Nymph of the river“ von Gheorghi Filin

Die Skulptur „The Nymph of the river“ aus weiß-grauem, feinpoliertem Mainsandstein ist platziert auf drei Sockeln aus Postaer Sandstein. Die Skulptur konnte 2023 – nach der Ertüchtigung des Hochwasserdamms – an den ursprünglich vom Künstler vorgesehenen Platz am Gründleinsbach umziehen. Bis dahin stand sie direkt an der Mainbrücke in Hallstadt

Wie weiße Segel erhebt sich eine dreiteilige Skulptur auf wellenförmig gemusterten Sandsteinsockeln. Die reliefartigen geschwungenen Höhlungen und Wölbungen der weiblichen Aktfigur spielen auf das sanfte Strömen sowohl des Windes als auch des Wassers an. Dr. Matthias Liebel

Regnitz bei Bischberg: Flussgesichter-Skulptur „La Barca“ von Pier Giorgio Balocchi

Die Skulptur „La Barca“ aus weiß-grauem Mainsandstein steht am Fischerhafen an der Regnitz bei Bischberg. Wenige hundert Meter flussabwärts mündet die Regnitz in den Main.

Die stilisierte Darstellung eines Bootes auf einem bewegten Gewässer. Das Boot ist menschenleer, die Wellen wirken wie Stoff. Die Szene hat etwas Gespenstisches und Geheimnisvolles, aber auch etwas Spielerisches. Dr. Matthias Liebel

Leitenbach in Gundelsheim: Flussgesichter-Skulptur von Stefan Esterbauer

Die Skulptur aus Bucher Sandstein sitzt direkt am Wehr mitten im Leitenbach in Gundelsheim (Landkreis Bamberg).

Stefan Esterbauer schuf in monumentaler Ausführungnach der Art eines Wasserspeiers das Antlitz eines altenFlussgottes, der mit dem massig aus dem Mund stürzenden Wasser den Ursprung des gleich daneben fließenden Gründleinsbaches symbolisiert. Dr. Matthias Liebel

Leitenbach bei Memmelsdorf: Flussgesichter-Skulptur „Aqua & Vita“ von Marta Cadonici

Die Skulptur aus Bucher Sandstein steht am naturnah gestalteten Leitenbach bei Memmelsdorf (Landkreis Bamberg). Bei schönem Wetter sind im Hintergrund die Giechburg und der Gügel zu sehen.

Die reliefartig herausgearbeitete Skulptur bezieht sich mit ihren vegetabilen Formen auf die landschaftliche Umgebung entlang des Leitenbachs mit ihren Bäumen und Sträuchern. Die wellenartig sich windenden Strudel und Furchen im Bereich des Baumes greifen zugleich auch das Motiv des Fließens und Strömens auf. Dr. Matthias Liebel

Ellernbach in Litzendorf: Flussgesichter-Skulptur „Emporsteigen“ von Vanda Pianini

Die Skulptur aus Bucher Sandstein von Vanda Pianini steht auf der neugestalteten Piazza neben dem goldenen Haus der Bücherei am Ufer des naturnah gestalteten Ellerbachs in Litzendorf (Landkreis Bamberg). In der Touristinformation gegenüber gibt es ein Faltblatt mit Informationen zur Skulptur sowie zu weiteren Skulpturenwegen in der Fränkischen Tosakana.

Eine weibliche Aktfigur im Typus einer antiken Quellnymphe. Sie wird hauchzart von einem sanften Schleier bedeckt, der ihren Leib wie ein leicht fließendes Gewässer umhüllt und im Sockelbereich im Boden zu versickern scheint.Dr. Matthias Liebel